02. Dezember 2019

Die Zukunft der Luftfahrt.

Von der Kraft der Träume bis zu den großen Trends im Airline-Geschäft. Erfahrungen und Einblicke eines der international erfahrensten Airline-Managers.

 

Eine außergewöhnliche Persönlichkeit nahm kürzlich auf dem MCI-Podium Platz: Der in München geborene Stefan Pichler, aktuell Vorstandsvorsitzender der Royal Jordanian Airlines in Amman, erzählte den Studierenden von seinem Lebensweg, von Tief- und Höhepunkten und was ihn am meisten motiviert. Fast nebenbei gab er Einblicke in die Entwicklung des internationalen Airline-Geschäftes und skizzierte vier große Trends, die den Sektor in Zukunft bestimmen werden.

Schon als 13-Jähriger ließ Stefan Pichler erkennen, dass er keinen gewöhnlichen Weg nehmen wird: Er riss von zu Hause aus und schlug sich bis nach Paris durch. Das nächste Mal machte er in seinen 20ern als Marathonläufer auf sich aufmerksam: Er lief die Marathondistanz in 2 Stunden 12 Minuten und qualifizierte sich 1980 für das deutsche Olympiateam. Beruflichen Stationen bei NIKE, Lufthansa, Thomas Cook, Jazeera Airways in Kuwait, Virgin Blue (heute Virgin Australia) des britischen Multiunternehmers Richard Branson und Fiji Airways folgte ein vielbeachtetes Engagement als CEO von Air Berlin. Obwohl sich Stefan Pichler, Jahrgang 1957, bereits zur Ruhe setzen wollte, ist er heute CEO der Royal Jordanian Airlines in Amman. Was ihn nach wie vor antreibt, ist sein unbändiger Gestaltungswille, der ihn auch Risiken eingehen lässt. Diesen Begriff vermeidet er jedoch, er spricht stattdessen von seinen Träumen: Diese Botschaft richtet er auch an sein Publikum: „Dream, and believe in your dreams!“ Aus diesen Träumen resultiere die Kraft, Risiken zu nehmen, um am Ende erfolgreich zu sein.

Stefan Pichlers beruflichen Schritte im Airline-Geschäft sind markiert von wesentlichen Entwicklungen: Noch in den 80er Jahren unterlagen die Airlines strengen Regulierungen und unterschieden sich lediglich hinsichtlich Produkt und Marke. Erst die spätere Deregulierung ermöglichte neue Preismodelle und Distributionswege. Die 90er Jahre waren die Zeit der Allianzen: Airlines gingen Kooperationen ein, um ihre Netzwerke zu vergrößern und Märkte besser bearbeiten zu können. Gleichzeitig positionierten sich Billigfluggesellschaften auf dem Markt, die mit vollkommen anderen Produkt-, Preis- und Vertriebsstrategien arbeiteten. 9/11 im Jahr 2001 schließlich stellte die gesamte Branche auf den Kopf: Die Umsätze gingen um bis zu 80 % zurück. Um zu überleben, mussten neue Strategien entwickelt werden. Erstmals wurden nun ganz klar die Kundenbedürfnisse in den Mittelpunkt gestellt.

Stefan Pichler skizziert auch einen Ausblick in die Zukunft. Insbesondere vier Trends werden das Airline-Geschäft prägen:

Es wird zu einer weiteren globalen Konsolidierung kommen. In den USA halten die vier größten Airlines einen Marktanteil von 88 %. In Europa kommen Ryanair, Lufthansa, IAG und easyJet derzeit gemeinsam auf 67 % Marktanteil, Pichler rechnet in den nächsten Jahren mit 80 %.

Das Kundenerlebnis steht im Mittelpunkt. Das Fliegen wird zu einer Ware. Airlines werden diese Ware direkt an die Kunden verkaufen, wobei die Supply Chain immer stärker automatisiert wird.

Nachhaltigkeit: Allein aufgrund des Bevölkerungswachstums nimmt das Flugaufkommen zu: Aktuell fliegen pro Jahr vier Milliarden Passagiere, in zwei Jahren werden es bereits 8 Milliarden sein. Es ist das Gebot der Stunde, dass Fluglinien Lösungen zum Schutz des Planeten entwickeln müssen. In die Überlegungen muss jedoch der gesamte Flugbetrieb eingebunden werden, also beispielsweise auch die Luftraumüberwachung.

Diversity: Die bisher gelebten „Monokulturen“ in den Airlines werden zugunsten einer größeren Vielfalt und Diversity der Mitarbeiter aufgebrochen. Unterschiedliche Kulturen und unterschiedliche Fähigkeiten und Talente werden die Produktivität und Innovationskraft steigern.

Nach 20 Jahren internationaler Erfahrung als CEO verschiedenster Airlines, mit unterschiedlichsten Aufgabenstellungen, Erfolgen und Misserfolgen, ist für Stefan Pichler klar: Eine Airline zu managen bedeutet, Menschen zu führen. Er zitiert Antoine de Saint-Exupéry, der davon schrieb, dass Männer, die gemeinsam ein Schiff bauen, zuallererst die Sehnsucht nach dem großen weiten Meer spüren sollen. Es geht also darum, Träume zu realisieren. Ein weiterer wichtiger Punkt: Authentizität: „Menschen sind mit einem ‚Bullshit-Dedektor‘ ausgestattet, sie spüren es, wenn du als Manager nicht echt bist. Just be yourself!“

Stefan Pichler mit MCI Rektor Andreas Altmann auf dem Podium in der MCI Aula.

© MCI

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