14. Juni 2016

Japan & Europa.

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Masafumi Ishii, Botschafter Japans im Königreich Belgien und bei der NATO sowie Vertreter für Public Diplomacy in Europa

Die Unternehmerische Hochschule® hatte kürzlich das Privileg, im Rahmen der MCI Alumni & Friends Vortragsreihe den japanischen Botschafter in Belgien Masafumi Ishii zu begrüßen. Das Hauptaugenmerk seines anregenden Vortrags galt den in den nächsten 20 Jahren auf Japan sowie Europa zukommenden Chancen und Gefahren.

Zu Beginn seiner Rede sprach Ishii über die japanische Außenpolitik und wagte sogleich einen Blick auf die nahe Zukunft Japans. Er identifizierte dabei globale Trends und erläuterte, wie Japan voraussichtlich auf derzeitige Entwicklungen reagieren würde. “Die Handlungen, die wir heute setzen, können unsere Zukunft verändern. Entscheidungen zu fällen ist zeitaufwändig, aber zugleich unerlässlich”, meinte Ishii. Neben hoch gebildeten Arbeitskräften habe Japan kaum Ressourcen. Das Land ist nahezu umringt von Staaten, die im Besitz von Atomwaffen sind. “Um seine Verteidigung zu sichern, benötigt man heute Atomwaffen. Aus diesem Grund schloss Japan auch Bündnisse mit den USA und China. Sowohl Japan als auch Europa arbeiten bestenfalls mit einem stets wohlhabenden und gesunden China zusammen”, so der japanische Botschafter.

Japan in 2030.
Ishii ist überzeugt, dass Japan auch in naher Zukunft eine bedeutende Weltmacht bleiben und jedoch schwerwiegenden Entscheidungen gegenüberstehen wird. Mit 128 Million Einwohnern besetzt Japan derzeit den weltweit zehnten Platz, wie der in Belgien tätige Botschafter festhielt. Die Tatsache, dass die Bevölkerung Japans derzeit Rückgänge verzeichne, könnte durch die Größe des Landes ausgeglichen werden. Ishii glaubt, Japans ausgeprägte Humanressourcen und hochentwickelte Technologie sowie das Geschäftsmodell des Landes könnten schon bald ein neues Zeitalter einleiten. Beeinflusst durch den Aufstieg Indiens und Chinas werde Japan Nischen entdecken sowie neue Trends entwickeln und so ebenfalls Aufstieg und Wachstum erlangen können. Dabei sei das Land jedoch vorranging auf die USA angewiesen. Keine andere Nation sei bereit, Japan so zu unterstützen wie die USA, die damit eine wesentliche Rolle in dieser Vision einnehme.

“G2”: China und USA.
2030 werde ein wahrlich symbolisches Jahr. Laut Ishii werden Chinas BIP wie auch seine Rüstungsausgaben schon bald das BIP und die Rüstungsausgaben der USA übertreffen. Gemeinsam mit den USA und Indien würde China damit nach 2030 ein neues Entscheidungsdreieck bilden. Wie Ishii erklärte, hat Japan die Absicht, Teil eines solchen Bundes zu werden und damit eine Gruppe der großen Vier mitzubegründen.

Regionale Trends.
Weiters schilderte Ishii dem Publikum, dass Japan derzeit von einer Arbeitslosenkrise betroffen ist: Zwei von fünf EinwohnerInnen haben keine Arbeit. Dies bedeutet, dass drei berufstätige EinwohnerInnen jeweils zwei arbeitslose EinwohnerInnen mitfinanzieren müssten. Sollte sich der momentane Trend fortsetzen, könnte sich dieser Zustand bis 2050 zu einem ernstzunehmenden Problem entwickeln.

Zwischen Russland und Japan würde es kaum zu Problemen kommen. Wie Ishii glaubt, wäre Japan stets bemüht, die Beziehung in der momentanen Form weiterzuführen. Es stelle sich jedoch die Frage, ob Nordkorea einen Plan B benötige oder nicht. Derzeit führt Japan laufend Verhandlungen und hält Nordkoreas Raketen unter Kontrolle, wie Ishii erklärte. “Doch was, wenn Nordkorea droht auseinander- oder gar zusammenzubrechen? Wir sollten uns in jedem Fall auch auf ein derartiges Szenario vorbereiten”, warnte Ishii.

Diskussion.
“Der derzeitige Diktator Nordkoreas herrscht bereits in dritter Generation über das Land. In Asien glaubt man, dass die dritte Generation von allen am schwierigsten zu überleben ist”, erläuterte Ishii. Wie der japanische NATO-Botschafter weiter ausführte, trete die erste Generation für gewöhnlich mit starkem Charisma auf und bereite nur wenige Probleme. Die zweite Generation hingegen sei meist noch charismatischer, schaffe aber auch größere Probleme. Die dritte Generation schließlich trete ohne Charisma auf und bringe die schwerwiegendsten Probleme mit sich, so Ishii. “Wir sollten uns dessen mehr denn je bewusst sein, vor allem angesichts der Tatsache, dass dieses Land im Besitz nuklearer Waffen ist”, betonte Ishii abschließend.

Bevor die Veranstaltung in einer lebhaften Diskussion, moderiert durch Andreas Altmann, mündete, schloss Ishii seinen Vortrag mit den Worten: “Solange China die Bereitschaft zeigt, zu einer Lösung beizutragen, sollten wir dies begrüßen und fördern, denn weltweiter Friede kommt uns allen zugute!”

Invitation_Masafumi_Ishii1.pdf