29. Juni 2021

Europa und die Welt. MCI-Livetalk mit Romano Prodi.

Romano Prodi, ehemaliger Ministerpräsident von Italien & ehemaliger Präsident der Europäischen Kommission als Distinguished Guest Online an der Unternehmerischen Hochschule®.

 

MCI-Livetalk mit Romano Prodi, ehemaliger Ministerpräsident von Italien & ehemaliger Präsident der Europäischen Kommission. Foto: MCI
MCI-Livetalk mit Romano Prodi, ehemaliger Ministerpräsident von Italien & ehemaliger Präsident der Europäischen Kommission. Foto: MCI

 

Europa wird in Zukunft eine wichtige Rolle zwischen den USA und China einnehmen – dieser Konsens zieht sich durch mehrere Statements von Romano Prodi im MCI Livetalk mit Andreas Altmann, der gemeinsam mit Franz Fischler, dem Präsident des Europäischen Forums Alpbach, das Gespräch moderierte.

Europa, USA & China

Das Verhältnis zwischen Europa und den USA, welches auf gemeinsamen demokratischen Werten basiert, ist ungebrochen. Die jahrzehntelange Solidarität, so Prodi, ist unmissverständlich vorhanden. Jedoch wächst gleichzeitig der rege Handelsaustausch mit China. Das Gesamteuropäische Verhältnis mit China wird den existierenden erfolgreichen Beziehungen von Deutschland und Frankreich mit China folgen, so Prodi. Eine Situation, die die Regierung unter dem derzeit amtierenden US-Präsidenten Joe Biden nicht unbedingt gutheißt, wie das Investitionsabkommen zwischen der EU und China und die in diesem Zuge angedrohten Sanktionen gezeigt haben.

Die COVID-19 Pandemie und die damit einhergehende Unterbrechung der Wertschöpfungskette hat die Verhältnisse zwischen den wirtschaftlichen Größen massiv verändert. Aber auch für die Entwicklung des Wettbewerbs in Bezug High-tech Geräte prognostiziert Prodi eine Herausforderung. Umso wichtiger sei Europas Positionierung zwischen den beiden Nationen.

Gemeinsame Außenpolitik

Für Prodi liegt das größte Problem der EU ganz klar in einer gescheiterten gemeinsamen Außenpolitik. Zu viele individuelle Meinungen und Interessen sowie das VETO Recht machen eine einheitliche Außenpolitik schwer, wenn nicht sogar unmöglich. Dies macht sich in der europäischen Migrationspolitik sichtbar. „Wir legen uns selbst Bremsklötze an“, so Prodi. Die Durchsetzung einer gemeinsamen Außenpolitik sieht er deshalb als sehr schwer an. „Nur in einer tiefen Krise wird sich etwas verändern“, erklärt er weiter. Solch eine Krise wünscht er sich natürlich nicht, aber ohne Krise wird sich nichts verändern.

Veränderungen sieht Prodi vor allem in der Umweltpolitik der Europäischen Union als unabdingbar. Europa muss sich bei Themen wie dem Green Deal selbst hohe Ziele setzen. Maßnahmen in der Umweltpolitik brauchen Investitionen. Diese zu tätigen sieht Prodi als ungemein wichtig, um die Bevölkerung der Europäischen Union nicht zu verstimmen.

Migration ist ein sensibles Thema innerhalb der europäischen Union, so Prodi. Die Politik wird sich wohl nicht ändern, meint er, wohl aber können Kompromisse getroffen werden. Der Boom der afrikanischen Bevölkerung ist unausweichlich. „Neue Formen der Massenkommunikation treibt die junge afrikanische Bevölkerung vermehrt an die europäischen Küsten“, so Prodi. Dieses Bevölkerungswachstum und wie damit umgegangen wird, wird ein großes Problem für die Zukunft Europas sein, meint Prodi.

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Romano Prodi wurde 1939 in Scandiano, Italien, geboren und studierte Jura an der Katholischen Universität Mailand. Nach Aufbaustudiengängen an den Universitäten Mailand und Bologna sowie an der London School of Economics war er Gastprofessor an der Harvard University und am Stanford Research Institute. Er begann seine akademische Laufbahn an der Fakultät für Politikwissenschaft der Universität Bologna, wo er als Assistent (1963), Mitarbeiter (1966) und dann als ordentlicher Professor (1971-1999) für Industrieorganisation und Industriepolitik tätig war.

Von 1974 bis 1978 war er Vorsitzender des Verlagshauses Il Mulino. 1981 gründete er Nomisma, eine der führenden Wirtschaftsforschungsgesellschaften Italiens, deren wissenschaftliches Komitee er bis 1995 leitete. Von November 1978 bis März 1979 war Romano Prodi der italienische Industrieminister. Im Februar 1995 gründete er die Ulivo-Koalition und kandidierte bei den Bundestagswahlen im April 1996, bei denen die Ulivo-Koalition die Mitte-Rechts-Koalition besiegte. Die Regierung Prodi blieb bis Oktober 1998 im Amt, in dieser Zeit gelang es ihr, das Land zur Euro-Währung zu führen.

Im März 1999 wählte der Europäische Rat Romano Prodi zum Präsidenten der Europäischen Kommission in Brüssel. Während seiner Präsidentschaft wurden einige der historischen Entscheidungen der Europäischen Union getroffen (z.B. Einführung des Euro, Erweiterung auf 25 Länder). 2005 wurde Romano Prodi zum Vorsitzenden der Mitte-Links-Koalition Unione" gewählt und führte die Ulivo-Liste bei den Parlamentswahlen 2006 an. Von 05/2006 bis 05/2008 war er erneut Ministerpräsident von Italien. Seitdem ist Romano Prodi Präsident der Stiftung für weltweite Zusammenarbeit und wurde außerdem zum Vorsitzenden des Hochrangigen Gremiums der Vereinten Nationen und der Afrikanischen Union zur Friedenssicherung in Afrika ernannt.

Romano Prodis Karriere führte zu einem umfangreichen Werk an wissenschaftlichen Publikationen sowie zu zahlreichen prestigeträchtigen Ehrungen, Auszeichnungen und Anerkennungen. Er lebt in Bologna, ist verheiratet und hat zwei Söhne und vier Enkelkinder.

 

Kontakt
Mag. Bettina Stichauner | Leiterin Alumni Center Alumni & Friends
Mag. Bettina Stichauner Leiterin Alumni Center +43 512 2070 - 1710
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