25. Januar 2022

Europäische Demokratie als globales Vorzeigemodell.

Im Rahmen der Vortragsreihe Distinguished Guest Online freute sich die Unternehmerische Hochschule® auf den virtuellen Besuch von Kolinda Grabar-Kitarović, Präsidentin a.D. der Republik Kroatie.

© MCI

 

Im MCI Livetalk nimmt Kolinda Grabar-Kitarović, Präsidentin der Republik Kroatien (2015-2020) und Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) Stellung zur globalen Rolle Europas, aktuellen politischen Entwicklungen und zukünftigen Herausforderungen in der Welt.

„Ich glaube fest daran, dass die Europäische Demokratie ein Vorzeigemodell für viele Staaten weltweit ist ”, zeigt sich Präsidentin a.D. Kolinda Grabar-Kitarović im MCI Livetalk mit Rektor Andreas Altmann überzeugt.

Gerade, wenn man international viel unterwegs ist, spürt man bei vielen Menschen die große Sehnsucht nach einem Leben nach den Prinzipien von Demokratie, Freiheit der Meinungsäußerung, autonomer privater und beruflicher Entscheidungen und ähnlicher – in der Europäischen Union als völlig selbstverständlich empfundener – Werte und Rechtsstaatlichkeit.

Europäische Werte nicht selbstverständlich

Doch die europäische Demokratie muss sich den weltpolitischen Herausforderungen stellen und ihre Werte selbstbewusst verteidigen, meint die ehemalige Präsidentin der Republik Kroatien. Globale Veränderungen wie die Menschenrechtssituation in China oder die Außenpolitik der USA stellen die EU immer wieder vor neue Herausforderungen.

Globale Konfliktherde, internationale Migration und nun auch die weltweite Pandemie mit der Verunmöglichung persönlicher Begegnung verändern die Art und Weise des politischen Diskurses grundlegend und zeigen, dass die EU einen eigenen Weg finden muss und diesen gemeinsam vertreten muss.

EU sollte themenspezifische Allianzen eingehen

Sieht man von temporären Strömungen ab, glaubt Kolinda Grabar-Kitarović an eine enge Partnerschaft von EU und USA auf Grundlage sehr ähnlicher Wertvorstellungen. Sie vertritt insgesamt aber das Prinzip des Multilateralismus und ist überzeugt, dass es in Zukunft sinnvoll für die EU ist, sich themenspezifisch Verbündete zu suchen und Allianzen zu schmieden.

In politischen Konfliktsituationen in Asien wie Afghanistan oder der Menschenrechtssituation in China sieht Kolinda Grabar-Kitarović viel Potenzial, dass sich Europa als verantwortungsvoller Partner für diese Länder positioniert.

Gefahren für die Europäische Union

Kolinda Grabar-Kitarović sieht die größte Gefahr für die EU innerhalb der eigenen Grenzen. Nationalistische Strömungen, die die Existenz der der EU zugrundeliegenden rechtsstaatlichen Prinzipien mit populistischem Aktionismus torpedieren und kurzfristige Egoismen über langfristige gemeinsame Interessen stellen, höhlen das System von innen aus und müssen um jeden Preis vermieden werden. „Wir müssen die innere Widerstandskraft stärken und uns klar gegen Strömungen stellen, die sich von demokratischen Wegen entfernt haben“, so Kolinda Grabar-Kitarović.

Auch den Sozialen Medien muss in dem Zusammenhang ungleich mehr Beachtung geschenkt werden, so die ehemalige Präsidentin. Die EU steht der Herausforderung gegenüber, dass eine funktionsfähige Regulierung von Social Media und Künstlicher Intelligenz etabliert werden muss. Bei klassischen Medien existiert das Redaktionsprinzip, und es ist mittels kodifizierter journalistischer Standards sichergestellt, dass recherchierte Fakten eine Grundlage für die Berichterstattung bieten.

Olympische Spiele als Instrument für Rechtsstaatlichkeit, Nachhaltigkeit und Einigkeit

Wo sie enormes Potenzial sieht, sind die Olympischen Spiele. „Die Olympischen Spiele sind eines der wichtigsten Events, um die Welt zu zusammenzubringen und zu vereinen“, so Kolinda Grabar-Kitarović. „Vor allem können die Prinzipien von Rechtsstaatlichkeit und Nachhaltigkeit als Voraussetzung für eine erfolgreiche Bewerbung eines Gastgeberlandes zugrunde gelegt werden, was für zukünftige Ausrichterländer bereits Standard ist. Um die Probleme in der Welt zu meistern, brauchen wir Events wie die Olympischen Spiele”, meint sie weiter.

Als Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees erläutert sie den überarbeiteten Auswahlprozess für Gastländer. Es existiert mittlerweile ein detailliertes Punktesystem, in welchem bzgl. Menschenrechten, Nachhaltigkeit und weiterer Kriterien eine gewisse Punkteanzahl erreicht werden müssen, um als Ausrichterland in Frage zu kommen. Die Olympischen Spiele wollen Partner für die Gastländer sein und sie bei der Durchführung unterstützen.

Jungen Menschen rät sie, "Sie haben nichts zu verlieren. Versuchen Sie Ihre Träume zu leben, ziehen Sie bei Misserfolgen einfach einen Schlussstrich und gehen Sie weiter. Nutzen Sie jede Gelegenheit - jeder Sturz ist auch eine Gelegenheit für einen Schritt nach oben".

Kolinda Grabar-Kitarović

Kolinda Grabar-Kitarović ist die vierte und erste weibliche Präsidentin der Republik Kroatien (2015-2020). Sie hat viele gläserne Decken durchbrochen und war unter anderem die erste weibliche stellvertretende Generalsekretärin des Nordatlantischen Bündnis (NATO) sowie die erste Außenministerin Kroatiens und Botschafterin in den Vereinigten Staaten von Amerika.

Parallel zu ihrer diplomatischen und politischen Laufbahn hat sie eine akademische Laufbahn in den Bereichen Regierungsführung, internationale Beziehungen und Sicherheitsstudien an der Diplomatischen Akademie Wien, der George Washington University, der Harvard University, der Johns Hopkins University und der Universität Zagreb eingeschlagen.

Sie ist Trägerin des Fulbright Lifetime Achievement Award und einer Reihe von nationalen und internationalen Auszeichnungen, Orden, Ehrendoktoraten und Ehrenbürgerschaften. Sie hat zahlreiche sicherheitspolitische, akademische, fachliche und andere öffentliche Veranstaltungen auf der ganzen Welt initiiert und organisiert sowie als Hauptrednerin und/oder Podiumsteilnehmerin daran teilgenommen und mehrere Artikel und andere Beiträge zu nationalen und internationalen Themen verfasst.

Sie ist eine erfahrene Politikerin sowie nationale und internationale Diplomatin mit Erfahrung und Fachwissen in den Bereichen geopolitische Studien, transatlantische Beziehungen, westlicher Balkan und Südosteuropa, europäische und eurasische Studien, Beziehungen zu Russland, interreligiöse und interkulturelle Beziehungen, Aufbau und Versöhnung nach Konflikten, Geschlechterfragen, globale Sicherheitsfragen und viele andere Aspekte der internationalen Beziehungen und Sicherheitspolitik.