29. April 2022

MCI Gastvortrag mit Carles Puigdemont über Freiheit & Demokratie in Europa.

Im Rahmen der Vortragsreihe von MCI Alumni & Friends freute sich die Unternehmerische Hochschule® auf den Besuch von Carles Puigdemont, MEP, 130. Präsident von Katalonien.

© MCI/Kiechl

 

Freiheit als „wesentlicher Teil der Demokratie“
Carles Puigdemont betont gleich zu Beginn seines Vortrages, dass Freiheit ein persönliches und individuelles Konzept sei, dass seine politische Karriere und Entscheidungen schon immer stark beeinflussten: „Es ist ein wesentlicher Teil der Demokratie. Das Eine kann nicht ohne das Andere existieren.“ Durch die Gründung der Europäischen Union konnte die europäische Gemeinschaft weiterhin wachsen und Freiheit und Demokratie in den Vordergrund rücken. Allerdings zeigt sich Puigdemont besorgt, dass Europa durch aktuelle globale Geschehnisse, wie den Angriff Russlands auf die Ukraine, ins Wanken gerät.

Puigdemont hofft zukünftig auf ein Europa, „das international involviert ist und danach strebt, Demokratie, Freiheit und Menschenrechte zu fördern.“ Gleichzeitig erkennt er jedoch den limitierten internationalen Einfluss und eine fehlende gemeinsame Verteidigungspolitik als Schwachpunkte des europäischen Projekts. Rückschläge wie die Wirtschaftskrise von 2008 oder Brexit haben das Image der EU zudem stark erschüttert. Trotzdem bleibt Puigdemont optimistisch und betont, dass das Gefühl einer gemeinsamen europäischen Identität einen essentiellen Faktor für eine erfolgreiche Zukunft der EU darstellt.

Digitalisierung – Chance oder Gefahr?
Die globale Digitalisierung ist für Puigdemont unaufhaltbar, weshalb er es als ziellos ansieht, sich gegen die rasanten Entwicklungen zu wehren. Stattdessen muss der Fokus darauf liegen, den Menschen den Umgang mit digitalen Instrumenten beizubringen, um ihr volles Potential auszuschöpfen. In der Politik kann dies beispielsweise dazu genutzt werden, Bürgerinnen und Bürger aktiv an Entscheidungsprozessen teilhaben zu lassen. Dass moderne Technologie aber auch Gefahren mit sich bringen kann, hat der Präsident bereits am eigenen Leib erlebt: Er und weitere Politiker Kataloniens wurden selbst Opfer einer Cyber-Spionageattacke, was Puigdemont als „größte Gefahr für unsere Demokratie“ verurteilt.

Unabhängiges Katalonien - Eine Frage des Respekts
Dass Katalonien eine autonome Gesellschaft ist, kann Puigdemont lediglich auf dem Papier erkennen, in der Realität ist für ihn davon aber nichts zu spüren. Vielmehr noch schätzt er Kataloniens Macht aktuell als „geringer denn je“ ein. Nicht zuletzt ist die ersehnte Souveränität der Region aber vor allem eine Frage der Identität, die bereits bei grundlegenden Faktoren wie der Sprache beginnt: „Als MEP darf ich meine Muttersprache im Parlament nicht verwenden. Warum? Weil wir nicht unabhängig sind.“

Carles Puigdemont erhofft sich somit nicht nur einen ehrlichen Dialog, sondern konkrete Verhandlungen mit Spanien. Diese werden seinerseits jedoch nur unter der Voraussetzung gegenseitigen Respekts akzeptiert: „Respekt für unsere Realität, unsere Identität und unsere demokratische Positionierung. Wenn es Respekt gibt, können wir Übereinstimmungen finden. Beginnen wir mit Respekt – der Rest wird kommen“.