01. März 2023

Die inneren Werte zählen – Gemüse mit Potential

Nach jährlich wiederkehrender medialer Präsenz der Gemüsereststoffe auf den Tiroler Gemüsefeldern, widmet sich das MCI dieser Reststoffproblematik im Rahmen des Projekts VerStraGem und entwickelt daraus Verwertungsstrategien.

Mitarbeitende des Departments Umwelt-, Verfahrens- und Energietechnik am MCI arbeiten zurzeit am Projekt VerStraGem (Verwertungsstrategie für Gemüsereststoffe) und präsentierten kürzlich die Ergebnisse ihrer zweijährigen Forschung. Allen voran wurden Umfragen durchgeführt mit dem Ziel eine Akzeptanzanalyse zum Handel von Tiroler Gemüsereststoffen (z.B. krummes Gemüse) durchzuführen. Ausgehend von der Befragung der Landwirt:innen als Produzent:innen dieser Gemüsereststoffe wurden die weiteren Befragungen in Anbetracht von möglichen Vertriebskanälen konzeptioniert. Dafür wurden potentielle Akteur:innen aus Lebensmitteleinzelhandel (LEH), Gastronomie bzw. Verarbeitung  sowie letztlich auch die potentiellen Endkonsument:innen befragt. Allem voran, stand im Vordergrund dieses Projekts belastbare Zahlen für das Gemüsereststoffaufkommen in Tirol zu gewinnen. Ausgehend von persönlichen Interviews mit Landwirt:innen, Erntebegleitungen am Feld sowie aus Sekundärforschung erfolgte damit erstmals die Quantifizierung der Gemüsereststoffe sowie eine Abschätzung hinsichtlich der Genusstauglichkeit.  Basierend darauf werden nun diverse Verwertungspfade durch lokale Praxisversuche geprüft und gemeinsam mit den Projektpartnern weiterentwickelt.

Das Projekt lässt sich grob in zwei wesentliche Agenden unterteilen. Zum einen soll dem primären Ziel nachgegangen werden, die Weiterverwendung der Gemüsereststoffe als Lebensmittel voranzutreiben.
Jedes Jahr werden ca. 7.500 Tonnen genießbares Gemüse aus Tiroler Primärproduktion, aufgrund nicht-normgerechtem Erscheinungsbild „Schönheitsfehlern“ (zu groß, zu klein, krumm, Verfärbungen, o.ä.) aus unserer Lebensmittelkette ausgeschieden und damit verschwendet Die durchgeführten Umfragen konnten allerdings zeigen, dass der Kaufwille der potentiellen Konsument:innen im Vergleich zur wahrgenommenen Knappheit sehr hoch ist. Landwirt:innen und LEH hingegen haben Bedenken bei der Kundenakzeptanz und Rentabilität des Mehraufwands.

Neben diesen ausgeschiedenen Lebensmitteln fallen in der Tiroler Landwirtschaft ebenso Gemüsereststoffe an, die nicht mehr zum Verzehr geeignet sind. Diese entstehen einerseits naturbedingt und wetterbedingt durch Fäulnisprozesse. Darüber hinaus fallen bei bestimmten Gemüsekulturen die Putzreste ins Gewicht, die beim Aufarbeiten des Gemüses für den Handel entstehen. In Summe ergeben sich daraus etwa 13.000 Tonnen Gemüsereststoffe jährlich, deren Verwertungspfad als zweiter wesentlicher Forschungsschwerpunkt in Form der energetischen und stofflichen Nutzung untersucht wird. Favorisiert wird eine kaskadische Nutzung dieser Reststoffe, um vor der stofflichen Verwendung als Kompost noch das energetische Potential auszuschöpfen.  Um dieses Konzept von der Theorie in die Realität umzusetzen, wäre der Bau einer landwirtschaftlichen Biogasanlage vorgesehen. Damit könnte man den stofflichen Kreislauf schließen und die Produkte aus dem Boden ihrem Ursprung zurückgeben. Es könnten mit der kaskadischen Nutzung knapp 200 ha landwirtschaftliche Fläche pro Jahr mit Kompost versorgt werden. Darüber hinaus könnte ein energetischer Nutzen von etwa 3 GWh jährlich aus dem Prozess gewonnen werden.

VerStraGem ist ein Kooperationsprojekt unter der Leitung des MCI | Die Unternehmerische Hochschule® und unter Beteiligung der Agrarmarketing Tirol und einem Partnerkonsortium bestehen aus: TIGAS-Erdgas Tirol GmbH, Landwirtschaftskammer Tirol, Verein Tiroler Gemüsebauern, ATM (Abfallwirtschaft Tirol Mitte) und Wirtschaftskammer Tirol, mit dem Ziel eine nachhaltige Verwertungsstrategie für Gemüsereststoffe im Tiroler Kontext zu entwickeln.