07. Dezember 2021

Start-up 3x anders

Wirtschaftsingenieur*innen als Entrepreneure geben beim WING Kaminabend Einblick in ihre unternehmerische Tätigkeit

Einen besonderen Dialog veranstaltete unser Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen im November, als sich drei MCI WING Absolventen um das virtuelle Kaminfeuer versammelten, um sich über ihre Erlebnisse als junge Unternehmer auszutauschen. Am Ende waren es zwei inspirierende, kurzweilige Stunden, in denen sich die Start-up Gründer Tobias Deckert, Lukas Schmelcher und Tobias Zetzsche über ihre für Wirtschaftsingenieure nicht unbedingt gewöhnliche Laufbahn und ihre Lust an Entrepreneurship unterhielten. Die drei lieferten sich gutgelaunt einen eloquenten, informationsreichen Schlagabtausch, in dem von der Gründungsidee über Höhen und Tiefen bis zu unterschiedlichen Learnings viel besprochen wurde.

Tobi Deckert, Gründer von ShredRack, bezeichnet sich selbt als Tausendsassa und fühlt sich im klassischen Produkt-Hardwarebereich wohl. Dabei kommen ihm sowohl seine Ingenieurs- als auch seine wirtschaftliche Ausbildung zugute: von der Idee bis zum marktreifen Produkt habe ihm das Studium am MCI enorm geholfen. Angefangen vom ersten Produkt, dem aufblasbaren Dachträger ShredRack hat er alle Produkte selbst konstruiert und berechnet und sich um die Vermarktung gekümmert. Selbst passionierter Sportler und Reisender hat er eine genaue Vorstellung, welche Bedürfnisse der Outdoor-Markt noch hat. Sein detaillierter Businessplan überzeugte die Bank auf Anhieb, seine im Studium erworbenen Schlüsselkompetenzen helfen im täglich, mit den verschiedensten Leuten zu verhandeln. Ganz ehrlich erzählt er, dass es sich dennoch um eine emotionale und finanzielle Achterbahn von Anfang an bis heute handelt.

Tobias Zetzsche hat mit zwei Kollegen die App Gronda, ein online Netzwerk für Hotellerie und Gastronomie, gegründet. Nach mehreren Jahren in einem großen Konzern mit dualem Studium stellte sich für ihn die Frage: was können wir eigenes gründen? Der Mitarbeitermangel im Tourismus war schließlich der Ausgangspunkt für die Gründung der Plattform Gronda. Die ersten 3-4 Jahre lief diese Jobplattform sehr gut, dann kam Covid-19. Plötzlich war man bei null Euro Umsatz, musste das Team reduzieren und sich mit bereits 200.000 aktiven Nutzern der Herausforderung stellen: was machen wir besser und neuer? Heute bedient Gronda nicht nur die Bedürfnisse des Recruiting Business, sondern versteht sich vor allem als Creator Plattform für die Culinary Industry und ist die mittlerweile die größte dieser Art weltweit. Köche und Barkeeper können hier ihr Wissen online monetarisieren. Tobias freut sich, das Content Business explodiere gerade, er habe viel vor für spannende Zeiten. Seine Vision ist es, ein regelrechtes Ökosystem für die ganze Branche zu kreieren.

Lukas Schmelchers Geschäftsidee ist serviceorientiert: er bietet seinen Kunden im IT-Bereich mit seinem Unternehmen inno-EDV ein IT-Full-Service Package zu monatlichen Fixkosten in Form eines Produkt-Baukastens mit Hard- und Software sowie IT-Betreuung aus einer Hand. Es handelt sich um ein must-have Produkt, denn ohne funktionierende IT gehe heute nichts mehr, vom Konzern bis zum Einzelunternehmer. Lukas ist der Meinung, ein Support Prozess wie IT müsse einfach und schnell funktionieren. Je weniger Probleme der Kunde habe und je besser die Systeme funktionieren, umso besser funktioniere sein Produkt und beide Seiten seien zufrieden. Für ihn muss das Geschäftsmodell sowie die Problemlösung absolut Sinn machen und eine Win-Win-Situation schaffen, es lohne sich, ordentlich darüber nachzudenken. Ein guter Teil aller Start-ups löse keine wirklichen Probleme bzw. wolle welche lösen wo keine sind. „Mache ich wirklich etwas, was ein Problem löst? Oder ist es nur cool, dem aktuellen Hype zu folgen und ein/e Gründer/in zu sein?“

Eine berechtigte Frage aus dem Publikum: was hat das alles mit Wirtschaftsingenieurwesen zu tun? Wozu braucht man eine Ingenieursausbildung, wenn man Unternehmer/in sein möchte? Und in wie weit ist ein Wirtschaftsingenieur ein Ingenieur? Für Tobias Zetzsche ist Tobias Deckert ein Wirtschaftsingenieur par excellence, er nutze das WING-Studium mit seinem Unternehmen ShredRack von allen am meisten.

Lukas Schmelcher: im Wirtschaftsingenieurwesen gehe es nicht darum, der beste Konstrukteur oder Mechatroniker zu sein, dafür gebe es Spezialisten. Den Unterschied für die erfolgreiche unternehmerische Tätigkeit machen am Ende des Tages die Schlüsselkompetenzen Motivieren, Führen, Präsentieren, Verhandeln. Der Wirtschaftsingenieur verstehe die Technik, könne aber auch die Wirtschaft. Seine Stärke sei es, Technik und Wirtschaft zu verknüpfen, als Techniker kenne man seine Produkte und sei in der Lage, diese zu vermarkten und unter die Leute zu bringen. Man sei Schnittstellenmanager mit dem Know-how, Mitarbeiter zu motivieren, Investoren zu finden, mit Stakeholdern zu interagieren und professionelle Netzwerke zu nützen. Das Berufsfeld habe eine enorme Bandbreite: Jeder müsse seinen Weg finden und gehen.

Am Ende ist es eine ganze Reihe an Einsichten, die die drei dem Publikum mitgeben: man wachse an Problemen, einfach anfangen, loslegen, nicht so viel Angst und Misstrauen haben, die eigene Komfortzone verlassen, ausbrechen, den eigenen Horizont erweitern, auch privat. Ehrlich, ethisch und authentisch sein.

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