10. Juni 2021

OGSA-Tagung: Eva Fleischer hält Keynote

Anerkennung der Forschungsleistung im Bereich Soziale Gerechtigkeit & Care für Eva Fleischer

Eva Fleischer Foto: © MCI
Eva Fleischer Foto: © MCI

Eva Fleischer, Professorin am Department Soziale Arbeit und ausgewiesene Expertin in der Erforschung der Zusammenhänge zwischen Sozialer Gerechtigkeit, Sozialpolitik und Sozialer Arbeit hielt als Keynote-Speakerin den Eröffnungsvortrag bei der diesjährigen Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Soziale Arbeit (OGSA). Die Tagung stand dieses Jahr unter dem Motto „Zeit – ein konstitutiver Faktor in der Sozialen Arbeit“. Sie referierte zum Thema „Verfügte Zeit – intersektionelle Zugänge zu Zeitarmut und Zeitwohlstand“.

Historisch gesehen geht die Entwicklung von der Perspektive des materiellen Wohlstands hin zum Zeitwohlstand, die individuelle Verfügbarkeit über Zeit scheint allerdings stark gesellschaftlichen Strukturkategorien wie Geschlecht, Schicht, Sorgeverantwortung, Ethnie/“Race“, Dis/Ability, Alter bestimmt. Lebenszeit unterliegt Zeitregimen - Ausbildungszeiten, berufliche Zeiten, Zeit für Sorge, Erholungs- und Beziehungszeiten, nachberufliche Zeiten sollen in der richtigen Reihenfolge und im richtigen Ausmaß in einem Leben untergebracht werden. Vielfältige Zeitregime strukturieren unsere Zeit, unseren Alltag: Arbeitszeiten, die Beginnzeiten von Schulen und Kindergärten, Öffnungszeiten von Geschäften und Behörden, Intervalle von öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Verfügung über Zeit ist ein Machtinstrument oder auch Ressource.

Soziale Arbeit ist in unterschiedlicher Weise mit dem Thema der verfügten Zeit konfrontiert: Im professionellen Alltag unterliegen Professionelle den obengenannten Zeitstrukturen und Zeitregimen, Sozialarbeiter*innen sind aber auch Akteur*innen in der Verfügung über die Zeit der Adressat*innen und Klient*innen. Die Coronapandemie hat gezeigt und zeigt noch, wie unterschiedlich die Auswirkungen der politischen und institutionellen Maßnahmen die Zeitsouveränität der einzelnen berührt haben. Homeschooling brachte extreme Fremdverfügung über die Zeit von Eltern, insbesondere Müttern, Angehörige systemrelevanter Berufe mussten über das übliche Maß hinaus zur Verfügung stehen, hatten keine Regenerationszeiten, demgegenüber waren andere plötzlich freigesetzt in Kurzarbeit und mit einer Leere in den Tagesabläufen konfrontiert, vielleicht aber auch mit beglückender Eigenzeit. Ähnliches erfuhren auch manche Klient*innengruppen, gewohnte Tagesabläufe waren nicht mehr möglich, die Strukturierung des Alltags fiel weg. Soziale Arbeit ist gefordert, sich auf der Makroebene für Zeitgerechtigkeit einzusetzen, z. B. in der Aufteilung bezahlter und unbezahlter Arbeit, gleichzeitig gilt es auf, der Mikro- und Mesoebene, Zeitsensibilität zu zeigen, z. B. in der Gestaltung der Öffnungszeiten und im sorgsamen Umgang mit der Zeit von Nutzer*innen.   

Eva Fleischer ist Professorin am Department für Soziale Arbeit am MCI | Die Unternehmerische Hochschule®. Sie hat Soziale Arbeit, Erziehungswissenschaften und Politikwissenschaften studiert und ist seit vielen Jahren in der Lehre und Forschung in der Sozialen Arbeit tätig. Am MCI unterrichtet sie im Bachelor- und Masterstudiengangs des Departments für Soziale Arbeit und ist Mitglied der Ethik-Kommission. Sie gilt als ausgewiesene Expertin in der Erforschung der Zusammenhänge zwischen sozialer Gerechtigkeit, sozialem Wandel und Care/Sorgearbeit. Zu dieser Thematik hat sie mehrere Lehr/Lernprojekte im Masterstudiengang Soziale Arbeit, Sozialpolitik und Sozialmanagement durchgeführt, ein besonderes Anliegen ist ihr dabei Forschung partizipativ und inklusiv zu gestalten. Derzeit leitet sie als Teil eines Konsortiums von 14 Partnern ein FFG-Forschungsprojekt am Department, das zum Ziel hat, über eine App und eine digitale Schnittstelle den Zugang zu sozialen Dienstleistungen für benachteiligte Personengruppen zu ermöglichen bzw. zu erleichtern.


Diese Einladung bei der wichtigsten wissenschaftlichen Tagung zu Sozialer Arbeit in Österreich ist eine Anerkennung ihrer langjährigen Forschungstätigkeit am Department, die unter anderem auch in mehreren Lehr/Lernforschungsprojekten im Masterstudiengang Soziale Arbeit, Sozialpolitik und Sozialmanagement umgesetzt wurde.