Department Soziale Arbeit im Interview mit Moritz Reisberger

Date 31.07.2025

Soziale Arbeit im Fokus: Ein Gespräch mit Moritz Reisberger über Studium, Inspiration und seine Arbeit am MCI

Moritz Reisberger ist seit 2020 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Department Soziale Arbeit am MCI | Die Unternehmerische Hochschule®.

Im Interview zum Motto „Soziale Arbeit und Du“ beantwortet er dem Department Soziale Arbeit einige spannende Fragen und lädt Sie ein, ihn und seine Sicht auf Soziale Arbeit näher kennenzulernen.

Soziale Arbeit und Du – was waren die Anfänge?

Rückblickend muss ich sagen, dass ich mich (Achtung: Plattitüde) „irgendwie immer schon“ für soziale Belange interessiert habe. Meine Jugend habe ich zu einem großen Teil ehrenamtlich in einem selbstverwalteten Jugendzentrum verbracht. Gesellschaftspolitische Fragen, Kritisches Denken, überhaupt viel nachdenken, zweifeln und auf einer „Suche“ nach großen Antworten sein… aber auch Leben, Feiern, Lernen, Organisieren… Das war eine tolle Zeit, die mich bis heute prägt und in der ich persönlich sehr viel gelernt habe. Erst wollte ich diese Neugier mit einem Studium der Soziologie stillen. Im Grundstudium habe ich dann allerdings gemerkt, dass ich es sinnvoller finde, sozialwissenschaftliche Wissensbestände direkter mit möglicher sozialarbeiterischer Praxis zu koppeln. Dieser Aspekt lässt mich irgendwie nicht los und die Wechselwirkungen zwischen Theorie und Praxis Sozialer Arbeit beschäftigen mich seither. Aus diesem Grund gehe ich weiterhin meine Schritte für die Bereiche und Schwerpunkte der Sozialen Arbeit.

Du hast selbst am MCI studiert. Was war dein Highlight während des Studiums?

Das waren ganz klar die Lehrveranstaltungen bei Koryphäen wie Silvia Staub-Bernasconi, Werner Obrecht und Kaspar Geiser. In meinem Grundstudium bin ich immer wieder mit einem Soziologie-Professor angeeckt, welcher starker Vertreter der Luhmannschen Systemtheorie war. Mit dieser Theorie konnte ich irgendwie nie wirklich etwas anfangen, gleichzeitig ist Luhmann ziemlich präsent in den Sozialwissenschaften. Anhand des gedanklichen Koordinatensystems der Zürcher Schule und des Systemtheoretischen Paradigmas der Sozialen Arbeit habe ich eine für mich „passendere“ Metatheorie als Alternative gefunden und bin für jedwede Diskussion zu Systemtheorien gewappnet. Ein für mich zentraler, wesentlicher Unterschied zwischen beiden Theorien ist: bei Staub-Bernasconi et al. stehen die Menschen und ihre Rechte und Bedürfnisse im Zentrum und nicht bloß deren „Kommunikation“.

Welchen Tipp würdest du Studierenden geben, um das Studium erfolgreich zu meistern?

Puh, das ist eine schwierige Frage: Vielleicht… Die Herausforderungen, die sich ergeben, anzunehmen. In meinen Lehrveranstaltungen nutze ich gerne die Metapher eines „Fitness-Studios für den Geist“. Zur Entwicklung von Fitness braucht es immer Phasen der Anstrengung, aber auch Phasen für Regeneration und Pausen. Aber das ist eventuell zu „platt“. Etwas genereller vielleicht… Kritisch, aber gleichzeitig offen für neue und andere, vielleicht auch divergierende Meinungen sein: lesen, nachlesen, neugierig bleiben, mitdenken, miteinander denken und intelligent hinterfragen. Aber bei dem ganzen auch mal durchatmen und die Gedanken frei entwickeln lassen und über den eigenen Tellerrand schauen. Vieles wird erst mit etwas zeitlichem Abstand klarer und manches bleibt immer offen – aber das ist auch gut so. Und die Pausen nicht vergessen!

Wer oder was inspiriert dich und warum?

Das sind viele Menschen, unabhängig davon, ob nun berühmt oder nicht. Ich glaube, es sind allgemein wahrscheinlich Menschen, die authentisch sind und die sich nicht verstellen. Menschen, die offen sind, diese Offenheit vermitteln und trotzdem klare Werte vertreten. Menschen, die auch mal klar Stellung beziehen und für gesellschaftlichen Wandel einstehen. Menschen, die irgendwie ihr Ding machen und kreativ sind. Menschen, die andere Menschen inspirieren. Menschen, die anderen Menschen helfen. Menschen, die versuchen, an sich selbst zu arbeiten und sich selbst hinterfragen. Menschen, die für Menschenrechte kämpfen und gekämpft haben. Menschen, die sich selbst nicht zu ernst nehmen und die die Dinge in ihren Zusammenhängen denken und sich nicht mit „einfachen“ Antworten zufriedengeben. Aber auch Menschen, die einfach mal „machen“ und Dinge ausprobieren.

Was hat dich dazu bewogen, am MCI zu lehren und zu arbeiten?

Ich habe im Studium schon gemerkt, wie sehr mich Forschung und wissenschaftliche Auseinandersetzung reizt. Für den Masterabschluss habe ich mir dann ein relativ großes Projekt vorgenommen. Das ging so weit, dass ich an irgendeinem Punkt total überfordert von der Gesamtsituation war und als Konsequenz dann die Betreuungsperson gewechselt habe. Hierdurch wurde ich auf eine freie Stelle in einem Forschungsprojekt am Center for Social & Health Innovation (CSHI) am MCI aufmerksam gemacht. Den Job habe ich dann mit etwas Glück bekommen und seitdem bin ich überzeugt davon, dass ich durch berufliche Aktivitäten in der Sozialarbeitsforschung und der akademischen Sozialen Arbeit einen kleinen Beitrag zur Weiterentwicklung der Profession und Disziplin schaffen möchte. Aus diesem Grund promoviere ich und möchte in Zukunft weiter forschen. Das MCI schafft mir die passenden Rahmenbedingungen für diese Pläne.

Was ist dein Forschungsschwerpunkt?

Generell beschäftigen mich grundlegende Phänomene in den Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit. In der Praxis scheint vieles für Fachkräfte und Institutionen „klar“, doch es fehlt an haltbaren Daten und einer Evidenzbasierung dieser Annahmen als Argumentationsgrundlage für Diskurse mit der Sozialpolitik, Finanzgeber:innen und der öffentlichen Hand oder Gesellschaft. Alles in allem geht es dann darum, diese empirischen Lücken durch Grundlagenforschung in der Sozialen Arbeit zu schließen und zwar in einem stetigen Zusammenspiel und in Kooperation mit den Praxiseinrichtungen, Fachkräften und Adressat:innengruppen.

Meine Gedanken und Interessen kreisen dabei um sehr viele Fragen, unter anderem: Was sind die aktuellen Entwicklungen in unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen Sozialer Arbeit? Wie agiert die Soziale Arbeit generell in herausfordernden Zeiten? Wie entwickelt sich die Profession hierzulande? Wo liegen Chancen, wo liegen Herausforderungen, wo liegen Grenzen im Zusammenhang mit eigenen professionsbezogenen Ansprüchen und lebenspraktischen Realitäten? Was zeichnen Entscheidungen und Begründungsweisen der Sozialen Arbeit aus? Was sind zentrale Belange von Sozialarbeitenden, Leitungspersonen und Nutzer:innen Sozialer Arbeit im Zusammenhang mit Unterstützungsprozessen in der Praxis? Welche Erkenntnisse lassen sich hieran für das Studium Sozialer Arbeit ziehen?

All das sind große Fragen und es wird nie möglich sein, diese alleine zu beantworten. Daher schätze ich die Arbeit im Team und das wissenschaftliche Credo der Zusammenarbeit und gegenseitige Ergänzungen, (Selbst-)Kritik und Wertschätzung. Wenn ich lediglich ein marginal kleines Puzzlestückchen zur Weiterentwicklung der Sozialen Arbeit beitragen kann, dann bin ich schon zufrieden.

Was ist ein lustiger Fakt über dich, den die Leute vielleicht nicht wissen/erwarten?

Vielleicht kein allzu großes Geheimnis: Ich habe mit einer eigenen Veranstaltungsreihe 10 Jahre lang das Innsbrucker Nachtkulturleben geprägt und habe einige Jahre als Booker das Programm eines Clubs in den Bögen gestaltet.

Heute verbringe ich meine Freizeit lieber auf dem Rad und einsamen Pass-Straßen oder drehe meine Laufrunden am Inn. Gerne ziemlich früh am Morgen und beim Radeln, wenn es die Zeit erlaubt, mit wilden Höhenprofilen.

 

Akademische Laufbahn:

03/2022 - heute

Promotion | Dr. phil.

HAW Hessen Promotionszentrum der Sozialen Arbeit

01/2016 - 12/2020

Soziale Arbeit, Sozialpolitik & -management | Master of Arts in Social Sciences

MCI | Die Unternehmerische Hochschule®

01/2013 - 12/2016

Soziologie | Bachelor of Arts

Leopold-Franzens-Universität Innsbruck

<p>Moritz Reisberger ©MCI/Aaron Heimerl</p>

Moritz Reisberger ©MCI/Aaron Heimerl

<p>Moritz Reisberger ©MCI/Aaron Heimerl</p>
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