23. Oktober 2019

Smartphone, Bitcoin & Co, Internet-Riesen.

Im Rahmen der Vortragsreihe von MCI Alumni & Friends freute sich die Unternehmerische Hochschule® auf den Besuch von Burkhard Balz, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank.

Burkhard Balz beehrte die Unternehmerische Hochschule mit einem spannenden Gastvortrag.

© MCI

Geld regiert die Welt, oder: The winner takes it all
Von Smartphones, Krypto-Token und Internetriesen: Herausforderungen für die Bankenwelt


Seit gut einem Jahr ist Burkhard Balz, langjähriger Finanzsprecher der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, zurück in Deutschland. Als Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank sprach er an der Unternehmerischen Hochschule® darüber, wie Geld – oder vielmehr der Umgang mit Geld – in Zukunft unser Leben verändern wird.

Österreicher sind, genauso wie ihre deutschen Nachbarn, leidenschaftliche Nutzer von Bargeld: 75 % bezahlen wo immer es geht am liebsten mit Bargeld. Allerdings ist auch das Smartphone allgegenwärtig: Im Durchschnitt 88mal wischt jeder Handybesitzer tagtäglich über das Display, um mit allem was ihm wichtig scheint, verbunden zu bleiben. Hieraus entwickelt sich gerade eine substanzielle Veränderung des Zahlungsverhaltens: Einfach eine App wie Googlepay, Applepay oder Bluecode auf das Handy geladen, gestaltet sich die Zahlung an der Supermarkt-Kassa schnell und unkompliziert. Die hohe Verfügbarkeit und Unkompliziertheit sind ausschlaggebend, dass dieser Service gern in Anspruch genommen wird und enormes Wachstumspotenzial für die Zukunft aufweist. Aus der Sicht von Finanzdienstleistern und Händlern liegt das Potenzial vor allem in der Echtzeitabwicklung. Nur Sekunden nach dem Kauf liegt das Geld bereits auf dem Konto des Händlers.

Wenn es um Bitcoin & Co geht, vermeidet Balz den Begriff „Kryptowährung“. Er spricht stattdessen von „Krypto-Token“, also einer virtuellen Zahlungseinheit. „Eine Währung erfüllt mehrere Funktionen, nicht nur die des Zahlungsmittels, sondern unter anderem auch Sicherheit und Werterhalt. Die einzige gesetzliche Währung in der Euro-Zone ist derzeit der Euro.“ Aus Verbrauchersicht sei das größte Problem die enorme Instabilität. So erlebte Bitcoin in den letzten fünf Jahren eine Kursentwicklung von 250 Euro auf mehr als 17.000 Euro und wieder zurück auf zuletzt gut 7.000 Euro. Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, koppeln sich sogenannte „Stable Coins“ wie beispielsweise die von Facebook angekündigte Libra an stabile Währungen und Anleihen. Generell handle es sich hier derzeit jedoch um ein Nischenthema, dessen weitere Entwicklung noch nicht absehbar sei.

In Hinblick auf eine zukünftige Regulierung virtueller Zahlungsmittel fordert Balz den Grundsatz, „gleiche Geschäfte und gleiche Risiken auf die gleiche Weise zu regulieren“. Dies sei jedoch jedenfalls Aufgabe der Politik.

Längst im Alltag angekommen ist ein weiteres Phänomen: Internetriesen, sogenannte „Big Techs“, wie Apple, Amazon, Google, Facebook, Tencent oder Alibaba, die zunehmend in den Zahlungsverkehr drängen. Diese Big Techs sind dadurch gekennzeichnet, dass sie über eine immense Kunden- bzw. Datenbasis, hochspezialisiertes technisches Know-how und hohe finanzielle Ressourcen verfügen, die die Entwicklung und Markteinführung neuer Services ermöglichen. Ein weiteres Merkmal: Sie sitzen alle in den USA oder in China. Ihr Erfolg beruht letztlich auf Konzentration: Sie agieren global und erzielen Skalen- und Verbundeffekte, frei nach dem Motto „The winner takes it all“.

Als Lösung schlägt Burkhard Balz die Entwicklung einer europäischen Marke im Zahlungswesen vor. Es gelte, eine Situation zu vermeiden, in der nur noch zwischen Zahlungsmöglichkeiten US-amerikanischer oder chinesischer Big Techs ausgewählt werden könne. Eine unabhängige europäische Lösung würde den Wettbewerb beleben und am Ende die europäischen Akteure stärken: „In den europäischen Zentralbanken und großen Bankhäusern ist genügend Know-how vorhanden., um alternative Zahlungssysteme zu entwickeln.“ Als Vorteil sieht Balz in diesem Zusammenhang das aufwändige europäische Datenschutzwesen: „Wir müssen aufhören, den hohen Level unseres Datenschutzes als Hemmnis zu sehen. Er ist vielmehr eine Chance: Wir könnten damit sicherstellen, dass die Zahlungsdaten der Kunden mit einem europäischen Zahlungssystem geschützt wären“.

Burkhard Balz:

Banker von der Pike auf, Jurist und ausgebildeter Bankkaufmann, langjährige Karriere bei einem renommierten Bankinstitut. Außerdem Politiker: als CDU-Mitglied zuletzt 9 Jahre Abgeordneter im Europäischen Parlament, ab 2014 Finanzpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion. Seit September 2019 Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank mit Zuständigkeitsbereich Zahlungsverkehr und Abwicklungssysteme.